NNN - Närrische Neustädter Nachrichten

Allen zur Freud, keinem zu Leid, über die Neustädter Narrenzeitungen


„Humoristisches, satyrisches Witz- und Lügenblatt", so lautete der Untertitel des 1884 erschienenen Neustädter Narrenblatts. Es ist das älteste Exemplar einer Narrenzeitung, das sich heute in den Archiven der Narrhalla befindet. Hinweise auf eine Neustädter Narrenpresse gibt es aber schon im Jahre 1881. Die Chronisten fanden in den zur Verfügung stehenden Unterlagen eine Wer¬bung für die Narrenzeitung. Und darin heißt es: „Abonnements-Einladung Narrenblatt 1881 zu Ehren Seiner Hoheit des Prinzen Carneval. Durch die erfreuliche Zunahme von Narren und Närrinnen, Abonennten und Inserenten, Geschichten und Mitarbeitern sind wir in der angenehmen Lage, daß „Schwarzwälder Narrenblatt" demnächst in bedeutend vergrößerter verbesserter und vermehrter Auflage erscheinen zu lassen. Das Narrenblatt erscheint leider nur zu selten, um die trauernde Menschheit aufzuheitern. Inserate werden gratis genommen und erhält der Einsender noch 5 bis 10 Freiexemplare. Das Exemplar kostet nur 20 Pfennig - ein wahrer Spottpreis in Anbetracht von Zeitauf¬wand, Mühe, Papier, Satz und

Druckerschwärze (es kostet uns selber soviel). Es werden an allen Orten tüchtige Wiederverkäufer bei hohem Lohne gesucht. Bestellungen wolle man schleunigst gelangen lassen an Buch¬druckerei und Verlag R. Hohmann in Neustadt, Badischer Schwarzwald".
Wo gehobelt wird, fallen Späne. Diese Erfah¬rung mußte auch der Narrenrat schon 1882 machen, als er im Hochwächter eine Erklärung zu einem Artikel im Narrenblatt abgab. Darin heißt es: „ Die im Neustädter Narrenblatt enthaltene 'Entführungsgeschichte' ist selbstredend nur ein Phantasiestück, denn der Besitzer des Gasthofs „zurKrone" war an jenem Tag in Neustadt gar nicht anwesend. Es ist unerfindlich, wie irgendjemand hier etwas anderes als einen Faschingsscherz erblicken konnte. Indessen bleiben künftig für ähnliche Artikel dem Narrendichter die Spalten des Narrenblattes geschlossen."
Wirbel um Artikel in den Narrenzeitungen gab es also schon damals. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Befassen wir uns noch etwas mit dem der Nachwelt erhalten gebliebenen Narrenblatt von 1884. Herausgegeben wurde es von den Gelehrten der Neustädter Carnevals-Gesell-schaft. Das Motto der

damaligen Ausgabe: „Allen zur Freud, keinem zu Leid". Wohl erstaunlich am Neustädter Narrenblatt 1884 ist, daß es eine Fülle von Meldungen und närrischen Nachrichten aus dem Umland enthält. Darin wird wohl deutlich, welche besondere Stellung die Neustädter Fasnet im Hochschwarzwald einnahm. Unter den Inseraten .im Narrenblatt von 1884 finden wir auch dieses: „Gesucht wird von einem Ehemann (ritterlicher Abkunft) für seine Gattin eine aus dem 11. Jahrhundert stammendes aber.noch gut erhaltenes „Jungfernschloß", damit der Dengelegeist am Feldberg, der aus . Rand und Band gerissen ist, keinen Zugang mehr findet."

Und eine weitere Fasnachts-Notiz: „Der Gemeinderat beschließt auf dem „neuen Pflaster" einen Gemüs- und Eiermarkt zu errichten und Pflastergeld zu erheben".
Und noch eine Kostprobe: "Der Neustädter Wasserleitungs-Kommission wird die Bad-An¬stalt zu Sitzungen überlassen".
Als „Spezialorgan für Ulk, Witz und Humor, für Stumpfsinn, Blödsinn, Unsinn, Eigensinn, Scharf- und Starrsinn" bezeichnet sich das „Neustädter Narrenblatt" im Jahre 1906. In den Unterlagen der Zunft befinden sich Hinweise auf das Narrenblatt im Jahre 1910. Damals erschien es unter dem Titel „S'Klatschweib" und dabei soll es sich bereits um die zweite Ausgabe gehandelt haben.
Ärger mit einem närrischen Bericht gab es 1925. Der Turnverein hatte zu seinem fas¬nächtlichen „Leipziger-Mess-Rummel" eigens

eine Zeitung unter dem Titel „Neueste Meß-Nachrichten" herausgegeben. Und darin beschrieb der Herausgeber, Hermann Bühler, eine Kriminalhumoreske, die zu einer Beleidi¬gungsklage durch den Vorstand des Finanz¬amtes gegen den Verfasser führte. Damit die Klage jedoch wieder zurückgezogen wurde, bildeten beherzte Neustädterein Femegericht, bemächtigten sich des Delinquenten und führten ihn in einem gewaltigen Umzug durch die Stadt zur Richtstätte gegenüber dem Finanzamt. Die Stadtmusik spielte düstere Musik. Über Hermann Bühler wurde die dreifache Todesstrafe verhängt. Der hinge¬richtete Faschingsredakteur wurde dann in der Gutach ersäuft. Die schreckliche Strafe hat den Finanzamtschef wohl veranlaßt, seine Klage zurückzuziehen.
Heute berichtet die „Neustädter Närrischen Nachrichten", kurz NNN, über fasnächtliche Begebenheiten in der Wälderstadt. Ihre „Faulen Nummern und kläglichen Ausgaben" informieren aus dem „närrischen Amtsbezirk und ehemaligen Kreisstadt Neustadt sowie den dahinterliegenden Dehlern".
Eine Reihe von unerschrockenen, unbestechlich arbeitenden Redakteuren recherchiert das ganze Jahr über Begebenheiten aus der Bevölkerung. Zum Vorschein kommen Berichte, deren Veröffentlichung in der hiesigen Presse bislang zensiert worden sind. In den Artikeln, die der Einfachheit halber in Versform geschrieben sind, kommen Wahrheiten aus dem Stadtgeschehen ans Licht. Gerade deshalb ist diese Zeitung bei der Bevölkerung zum einen so beliebt, zum anderen aber auch gefürchtet. Gerüchten zufolge sind sogar schon Personen aus Ihrem Heimatort weggezogen, um einem Erscheinen in diesem Blatt zu entgehen. Aber selbst eine Flucht konnte eine Veröffentlichung nicht verhindern. Eine gegen das Blatt in der Vergangenheit geführte Klage blieb erfolglos, was die Souveränität und Loyalität der NNN noch mehr hervorhebt.
Wenn auch Sie Angaben über Personen machen können, die ein seltsames, schadenfreudiges, denkwürdiges oder lustiges Erlebnis hatten, dann wenden Sie sich bitte an die Redaktion von "NNN". 


Elisabeth Hofmeier-Duttlinger

Elisabeth Hofmeier-Duttlinger

NNN-Redaktion

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